Freitag, 17. April 2015

rock around ...

the Kuckucksuhr :-)
Oder anders ausgedrückt, wer lange Weile hat, darf mir gern ein paar Stunden abgeben!

Die Tage sind so voll gepackt, dass es schon fast ein Balanceakt ist, alles unter einen Hut zu bekommen.

  1. der Frühling bricht aus und mit ihm startet die Haus- und Hofsaison
  2. die Vorbereitungen auf einen Ultra erfordern einige km mehr, als auf einen Marathon
  3. dienstlich ist es zwar telefonisch etwas ruhiger, ferienbedingt, und doch ist aller Hand zu tun.

Denn, wie auch beim Laufen heißt es hier: nach dem Lauf/Verkauf ist vor dem Lauf/Verkauf! Oder: Wer sich bewegt, bewegt was!

Die vorösterliche Herbstwoche stand unter dem 1. Punkt und die Küche wurde, mit musikalischen Untermalung mit "der Herbst steht auf der Leiter" "der Gnü steht auf der Leiter" nach sagenhaften 10 Jahren mit neuen Farben der allgemeinen Wetterlage angepasst: "Dust" und "Cumulus". Na hoffentlich wird das Wetter nicht ganzjährig an unseren Wänden sichtbar :-))

geschafft :-)  und Treppen(Leiter)-Training
Punkt 2 kam durch den 1. etwas zu kurz, stand doch immer noch der Bilstein-Ultra am 12.04. als nächstes Event auf dem Plan.
In der Vergangenheit hat sich bei mir so eine Art "Notnagel-Lösung" in der Planung ergeben. Ich plane immer ein Großziel und kurze Zeit darauf ein Ausweichziel. Das ist aber gar nicht beabsichtigt, sondern ist mir erst heuer aufgefallen.
Das große Ziel im Frühjahr wurde mit dem 6-Stunden-Lauf in Rotenburg definiert. Bilstein nur 3 Wochen später stand gar nicht so sehr im Focus und wurde nicht richtig nach Plan trainiert.
Wenn ich so zurück blicke, fällt mir aber auf, dass das schon öfter passiert ist:
2014 Müritz und Röntgenlauf bei den Ultra-Marathons. Kyffhäuser und Kassel bei den Marathons und auch 3013 Essen und Siebengebirge. In 2015 wird das Primärziel Duisburg und Kassel als Test bei den Marathons gelaufen. Mal sehen, ob ich dann abschließend auch noch feststellen kann, dass das Sekundärziel besser läuft, als das Hauptevent :-)

letzter Lauf
Ostern und die Fahrt in die alte Heimat lassen wir auf Grund der wirklich beschissenen Lage einfach mal ausfallen und starten mit Ostermontag wieder in Nordhessen.

Da lies ich mal so richtig den Frust auf meiner Haus- und Hof-Trailstrecke raus und drehte eine 28km-Doppelschleife :-) Schön wars!
Donnerstag dann die letzte 21 km-Runde über Fritzlar auf Asphalt und damit die letzte Laufeinheit vor dem Bilstein-Ultra. Diese letzte Runde lief gar nicht gut und ich hatte arge Bedenken für die anspruchsvolle Strecke im Kaufunger Wald. Immerhin hatte der Veranstalter trailige 57 km mit fast 1500 Höhenmeter versprochen :-(

Dafür konnte ich das Rennrad mehrfach auspacken und kam so auf 185 km. Juhu!





Und dann war es endlich so weit. Der Bilstein-Ultra-Tag war da!
In den vergangenen Tagen stieg die Vorfreude auf den Lauf tatsächlich an, obwohl ich den Lauf ja nicht wirklich fokussiert hatte. Und doch. Wenn der Tag näher rückt, steigt auch die Anspannung und die Vorfreude darauf.
Der Wetterbericht meldete 14-18°C, was auf beste Bedingungen hoffen lies. Nur die Liebste musste dadurch auf den gemeinsamen Spaziergang am Edersee verzichten :-(

Am Abend wie immer die die Utensilien zusammengepackt, das Laufdress verstaut und die Geheimwaffen der Tarahumara hergerichtet.

Tasche gepackt
Während der kurzen Fahrt stand wie immer das Chia-Gel auf dem Plan, eine weitere Dosis für kurz vor dem Start und erstmalig wollte ich was Neues probieren: Wraps mit Kichererbsenmus und Salat. 
Bereits die Tage vor dem Wettkampf hatte ich mit Tests anderer Ernährung verbracht. Die langen ruhigen Rennradtouren im unteren Pulsbereich ließen die Kohlenhydratspeicher im Körper schrumpfen und ist aß am Abend nur Rührei mit Tomate und trank dazu einen veganen Eiweißshake. Auf der Waage machte sich das natürlich auch bemerkbar und die letzten 3 Tage vor dem Wettkampf versorgte ich die Speicher wieder schön mit Vollkornnudeln und Wildgulasch, was mir ein Gefühl von guter Vorbereitung gab.

Die Fahrt nach Witzenhausen-Kleinalmerode verlief unspektakulär, bis auf dass das Thermometer Werte nahe 0° anzeigte. Uff, war da die Entscheidung in kurz Laufen zu wollen die richtige? Ich überlegte hin und her.
Die Veranstalter hatten für den nunmehr 5. Bilstein-Marathon perfekte Vorbereitungen getroffen: die wenigen Parkplätze waren beizeiten ausgeschildert und man wurde von fleißigen Helfern eingewiesen. Leider auch hier, wie so oft, in betagtem Alter. Ich frage mich, was soll werden, wenn diese Helfer mal nicht mehr sind ...

Als Anmeldung wurde das Gemeindehaus mit der Möglichkeit der Deponierung der Klamotten angeboten, und wer zuerst da ist, malt zuerst :-) Wobei, bei 500 Teilnehmern wird nicht mit gedrängel zu rechnen sein. 
Diese teilen sich dann auch noch auf die angebotenen Distanzen, Halbmarathon, Marathon, 42km Wandern und den 57 km Ultra auf. Mehr gibt die Infrastruktur dann aber auch nicht her, denn selbst das Duschen funktioniert nur auf dem Sportplatz mit angebotenem Shuttleverkehr.

Die Läuferschar der Ultra-Szene ist dann auch schon wieder überschaubar. Man kennt sich inzwischen und das eine oder andere Gesicht habe ich in den letzten paar Wochen häufiger gesehen. So konnte ich einen vom 6-Stunden-Lauf aus Rotenburg grüßen und mit einem anderen über den Röntgenlauf und Marburg schwatzen. Irgendwann kam mir auch +Thomas Pagenkämper entgegen. Ein freudiges Hallo und Umarmung, sind wir schließlich schon ein paar Mal gemeinsam gelaufen, sei es Paderborn 2013 oder auf den höchsten Berg in NRW, den Langenberg, mit +Michael Mankus auch in 2013. Auch Joe Kelbel war wieder mit am Start und berichtete wie immer für Marathon4You.

Und dann war es endlich so weit. Nach Begrüßung durch die Kirschenkönigin Saskia I und kurzer Ansprache durch die Veranstalter fiel pünktlich und ohne Zwischenfälle der Startschuss für den Lauf durch die nordhessische Landschaft im Kaufunger Wald.

Also wer die Drängelei und Hektik bei Marathonveranstaltungen leid ist, der sollte sich auf Ultras konzentrieren. Keine Panik, die Strecke ist lang genug scheint das Motto. Und heute nicht nur das. Nein, auch wellig :-)

Die Einleitung erfolgt relativ gemäßigt auf Asphalt und leichter Steigung, was aber nicht wirklich als eine Herausforderung bezeichnet werden konnte. Wenig später ging der Weg in Waldwirtschaftswege über, was für schätzungsweise 80% der Strecke der Untergrund gewesen sein dürfte. Bis auf ganz kurze Asphaltpassagen teilte sich die Untergrund auf geschotterte Waldwege und wunderschön ausgewählte Trails. Das war einfach das Beste, was ich bis jetzt erlaufen durfte. Ganz echt!

an der Roten Nieste

abwärts ging es auch mal :-)

allerdings gefühlt mehr bergauf :-(

und immer wieder Trails :-))
Die Veranstalter dieses kleinen liebevollen Marathons gaben sich die allergrößte Mühe. Nicht nur mit einer richtig tollen Strecke, nein auch mit allem anderen.
Schon bei der Anmeldung hätte man auch im DGH sitzen bleiben können und den Tag am Kuchenbuffet genießen und auch die sonst mit allerlei Marathonwerbepapier vollgestopfte Tasche beinhaltete nützliches. So zum Beispiel eine Mütze für die kommende Wintersaison :-)


Ich sag mal so: es gab schon schlimmeres :-)
Auch sonst hatte man sich so einiges einfallen lassen. Bei km 16 erfolgte der Hinweis auf einen wunderbaren Blick hinein nach Kassel bis hoch zum nackten Man, den Herkules. Immerhin schätzte ich die Fernsicht an dem Tag auf locker 80 km.
Ein weiterer Hinweis erfolgte bei km 26. Aber da hatte ich ehrlich anderes im Sinn, als den Meissner zu bestaunen. Denn hier ging es bereits seit 10 km nur bergauf. Nicht steil, aber immer noch zermürbend genug, um den Gipfel herbei zu wünschen.
Doch auch hier hatten die lieben Organisatoren ein Herz mit uns:

Motivation unterwegs
Motivation pur, auf der gesamten Strecke.
Landschaftlich und streckenmäßig ein Traum und die Versorgung ließ absolut keine Wünsche offen: insgesamt waren 10 VPs eingerichtet, was eine Versorgung aller 5 km bedeutete. Das mitschleppen von Eigenverpflegung war damit völlig unnütz. Von Bananen über Salzbrezeln und Mohrenköppen gab es auch bei der Flüssignahrung nichts auszusetzen. Wasser, Cola, Iso, Tee und wer wollte hätte auch ein Bier bekommen. Aber wir wollen ja mal nicht übertreiben. So hieß es also Vorsicht! Sonst bringst du am Ende des Laufes mehr auf die Waage, als am Start :-)

Irgendwie bin ich glücklicherweise auf einen Läufer aufgelaufen, der die Strecke beim Orga-Lauf bereits mit gelaufen war und gemeinsam machten wir uns auf den Anstieg zum Bilstein. Mit immerhin 641 Meter üNN zwar nicht der höchste Berg im Kaufunger Wald so doch bei inzwischen km 45 keine leichte Aufgabe. Denn 3 km vor dem "Gipfel" musste ich meinen Partner ziehen lassen und fiel zurück.
Unsagbarer Wunsch, die geschwollenen Hände irgendwie zu kühlen kam bereits bei km 30 auf und so war der aus dem Berg sprudelnde Quell eine willkommene Ausrede. Wer lange Strecken gelaufen ist, wird vielleicht ähnliches berichten können: wenn der Körper in bestimmte Belastungszonen kommt, werden weniger wichtige Abläufe reduziert. Bei mir ist das immer nach 3-3,5 h das Anschwellen der Hände, was auf reduzierte Nierenfunktion zurückzuführen sein kann. Meist hilft mir das Kühlen, wenn möglich ganz gut, oder einfach nicht daran denken :-) 
Heute half die Kühlung und bereits oben angekommen war es vergessen.

auf dem Bilstein
Und da saßen sie nun: die Spaziergänger und die Blaskapelle. Saßen aber eben und spielten nicht. Na denen hab ich was erzählt. Mich antreiben und selbst machen die Pause! Sachen gibt es ... Tzz.
Lautes Gelächter und Beifall und ich war vorbei. Nicht ohne wieder einmal das Handy zu zücken. So viel Zeit muss doch sein.

toller Blick ins weite Land
Wieder ging der Weg bergab. Ich ließ es laufen und war umso erstaunter, als ich überholt wurde. Ich frage, ob er Marathon liefe, aber nein, ein Ultra. Wo kam der denn her? Allerdings musste er sich nach wenigen hundert Metern wieder zurück fallen lassen und ich war allein auf weiter Flur.

Kilometer 45! "Nur" noch 13 km. Sollte in einer Stunde zu schaffen sein. Oh. Weit gefehlt. Ich lief bergab und lief bergauf. Es schien kein Ende nehmen zu wollen. Ich überholte die 3 Wanderjungs von der Kleinalmeroder Feuerwehr, welche ich bereits bei km 12 überholt hatte. Da machten auch sie noch Späßchen. Jetzt waren sie ebenfalls stiller. Der eine kannte den Ultra-Läufer-Trick, sich einen hübschen Hintern zu suchen und hinter her zu laufen. Den Trick zu kennen ist schon gut, nun muss man es nur noch umsetzen sagte ich :-)
Aber weit und breit kein Hintern mehr in Sicht und die km zogen sich wie Kaugummi.
Stehenbleiben. Aufhören. Genug Landschaft. Genug Bergauf und ab. Genug! Von allem. Vom Laufen, Verpflegung, Mohrenköppen.
Km 52 Verpflegungspunkt. Soeben haben mich wirklich noch 2 Läufer überholt. Das war so grausam. Am Horizont sah ich meinen Laufpartner von unterwegs über die Bergkuppe verschwinden. Ich griff mir einen Becher Cola und gleich ein Iso dazu. Beides zusammengekippt und weiter. Die Uhr zeigte 4:45 h. Noch 5 km. Das wird also unter 5:30 schaffbar. Kein Ziel aber ein Strohhalm an den du dich klammerst. Gleich am Ende sein zu dürfen. Nur noch 5 km. Weniger als 10% der Gesamtstrecke.
Auf! Gnü aus Zü. Der als Mütze aufgesetzte Buff Schlauch, der jedem zeigte wo ich herkam, war inzwischen an das Handgelenk verbannt. Die Sone war auf der freien Fläche kaum noch zu ertragen und die Entscheidung in kurz gelaufen zu sein, war die richtige.

In der Nähe zeigte sich eine Wacholderheide oberhalb von Roßbach. Auf dieses Stück Trail freute ich mich sehr. Ich genoss es und zog auch hier, wenn auch letztmalig das Handy.

oberhalb von Roßbach
Wieder ging es hinab in ein Tal, mit dem Wissen, es geht wieder nach oben. 
Dann endlich. Der letzte km. Bergab. Lockeres Laufen eigentlich nicht mehr drin. Trotzdem. Die Uhr zeigt sub 5:15 h. Auf! Die holst du dir. Du läufts als ob du hier noch was reißen könntest.
Unterwegs die Zurufe der Zuschauer meinten unter den 1. Was heißt das? Unter den ersten 10? 20? Ich denke 20. Wäre Super. Nicht erwartet. 3 vor mir. Weit davor schon lange keinen gesehen. Hinter mir? Auch frei. Keine Gefahr. Und doch wird der letzte Kilometer gelaufen, als könntest du noch einen einfangen. 4:30/km. 4:45/km zeigt die Suunto. 
Dann hörst du das kleine Volksfest. Der Sprecher bekommt von irgendwo deine Nummer gesteckt: "und da kommt der nächste Ultra-Läufer. Peter Gnüchtel aus Fritzlar-Züschen. Er hat es geschafft. 57 km mit über 1400 Höhenmetern. Er ist im Ziel!" Und die Menge klatscht und freut sich und während ich das hier am schreiben bin, bin ich wieder mittendrin. Gänsehaut und vergessener Schmerz. Freude und Tränchen. Du kommst an dem Sprecher vorbei, läufts in den Zielbereich, in die abgesperrte Zielgerade unter dem Zielbogen durch und bist einfach nur völlig voll. Voll mit Freude, voll mit Adrenalin, mit Glücksgefühlen und willst diesen einen, kurzen und doch so einmaligen Augenblick immer wieder genießen. Gleich noch mal! Vergessen der Schmerz, vergessen die Qual, nur noch die schönen Stellen des Laufs im Kopf. Vergessen der 10km lange Anstieg. Nur dieser Augenblick zählt. Du bekommst die Medaille um den Halt. Mit rosafarbenen Kirschblüten, wie sie bald an all den Kirschbäumen zu sehen sein werden, hier im Kaufunger Wald rund um Witzenhausen, der Kirschenecke in Nordhessen. Hier bin ich zu Hause. Angekommen. Zufrieden. Im Frieden mit mir!

Den Helfern gedankt, die Frau, die mir die Medaillie um den Hals hing, gedrückt, das erst beste Weizen gegriffen und schon war es verdunstet :-)

am Ziel
Was sagt das Ergebnis?


Yes! Topp 20 und unerwarteter 6 Platz in der AK40. Ich bin mehr als zufrieden und mache mich, nach kurzer Rast im Zielbereich und Beglückwünschung der 1. Ultra-Frau auf den Weg zum Space Shuttle. Die Dusche verlegte ich nach Hause, denn schließlich wartet da die bessere Hälfte.

5. Bilstein-Ultra-Marathon 12.04.2015
Das Höhenprofil spricht für sich und wie die Veranstalter versprochen hatten: "Flach ist anders". 2016 werde ich den ganzen Spaß sicherlich wiederholen, denn das heute war der bis jetzt beste und schönste Lauf, in meinem doch sehr kurzen Ultra-Leben. Aber das war das Ziel. Hier wollte ich landen und ich bin gelandet. Mit Leib und Seel dem Ultra verfallen. Dem Laufen verfallen.

Somit ist also mein 2. Ziel für das 1. Halbjahr abgelaufen, die Zielkontrolle aktualisiert und ich werde mich auf die nächsten Ziele in Kassel und in Duisburg konzentrieren. Denn auch wenn es so scheint: den Marathon habe ich nicht aus den Augen verloren und in Duisburg würde ich sehr gern unter ...

Jetzt steht aber erst ein mal eine Regeneration ins Haus und dann der Start in Kassel mit einem gemeinsamen Zieleinlauf mit unserer Tochter. Und darauf freue ich mich schon so sehr :-))

Ich kann euch allen nur danken. Für eure lieben Worte, die Glückwünsche und das Lesen meines Blog. Allen kann ich nur immer wieder ans Herz legen:
Wer sich bewegt, bewegt was! und wird seine Ziel erreichen. Nur Müßiggang führt nicht zum Erfolg

In diesem Sinne
mit sportlichen Grüßen
Euer Gnü aus Zü

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